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Füchsel (1773) | ![]() |
Exemplar: <1> Bibl. Diez. oct 9086
/£{Kae-338,03}
/S. 16 / § 25: Stürzten die alten festen Länder um das alte Meer, so
Europa bedeckte, so tief ein, daß alles Alpenhohe Meerwasser da hinein fallen, und
das neue Land Europa blos stellen konte; so müßte es ja wohl unter diesen
einstürzenden Ländern hohl seyn. Da ferner die Erde vor dem Einstürzen der
festen Länder nach ihrem Durchschnitte um so viel grösser und zugleich hohl war, so
mußte sie auch damals um so viel leichter seyn, als jetzt, und jetzt um so viel
schwerer.
/S. 20 / § 33: Besonders von Thüringen.
/Ob man nun gleich dadurch weit
in das Alterthum der Erde hinaus sieht, so fehlt doch noch ein Maasstab dazu. Wenn aber
eine Gegend, die zuverläßig als ein alter Meergrund anzusehen ist, in ihrem
Schichtbau volle Beweise führte, daß wenigstens acht Hauptveränderungen,
mit diesem alten Meere, und wo nicht mehrere, doch eben so viele mit den alten festen
Ländern vorgegangen wären, ehe dieses Meer seinen alten Grund verließ;
hätte man da nicht an dieser Gegend vorerst einen einzelnen Beweis und Maasstab im
Kleinen? der zwar nicht nach Sonnenjahren, aber doch nach natürlichen
Zeitläuften zu bestimmen wäre, und der sich auch wohl künftig noch mehr
vergrössern und verbessern liesse?
/ § 34
/Eine solche Gegend ist für mich unser Thüringen. Man
betrachte es von der Mitte über den Harz, und von diesem bis zum Thuring herum; [21]
oder man gehe aus der Mitte über den Thuring. Es sey von Gotha bis Saalfeld, wo es
wolle; ja eben so gut, von der Mitte gerade gegen das Vogtland, bis an die Sudeten um
Böhmen, oder von der Saale durch das Altenburgische ins Sächsische Gebirge. Doch jede
Gegend in Europa, die man von einem hohen Gebirge, über die tieferen Berge hin, zum
gegen über stehenden hohen Gebirge desfalls untersucht, und welche ein Schos des
alten Meergrundes (der viele solche Schöse hat,) jetzt heißen mag; oder die man von
einem Meere bis zum nächsten hohen Gebirge durchforscht, muß dergleichen
Maasstab abgeben können, wie mich die Beschreibungen verschiedener Naturforscher, von
verschiedenen Gegenden vermuthen lassen.
/ § 35
/Der zu frühzeitig verstorbene Naturforscher Lehmann, hat schon
in seiner Abhandlung von den Flötzgebirgen, das meiste vom Thüringischen Schichtbau
gegen Norden angegeben, doch hat [22] er nicht von der Mitte hinaus gemessen, und also
zwey Hauptgebirge mit ihren Unterlagen übergangen, und noch dazu den ganzen
Schichtbau, durch eine unnatürliche Auslegung für die Naturkunde unbrauchbar
gemacht.
/ § 36
/Nach ihm hat ein Thüringer [sc. Füchsel], in einer Geschichte des Landes und
Meeres, die in dem 2ten Bande der Akten der Maynzischen Akademie stehet, das, was in
Ansehung des mittleren und südwestlichen Thüringen, übergangen worden,
ziemlich nachgeholt; so viel ich mich aber erinnere, hat seit 1761 nicht mehr, als einer,
oder ein paar Naturforscher diese Geschichte durchgelesen und durchgedacht, doch ohne eine
Vergleichung der Gebirge ihrer Gegend anzustellen. Weil nun der Verfasser sich dieser
Geschichte nicht weiter angenommen hat, und auch wohl vielleicht nicht annehmen
dürfte; so werde ich das, was ich nachher noch als Beyträge gefunden habe, hier zu
nutzen und geschichtmäsig nachzutragen suchen, [23] um dadurch die Geschichte des
Landes und Meeres zu erweitern.
/§ 37
/Wenn der Aufbau von Schichten erstlich diese Richtigkeit vor sich hat,
daß die untersten die ersten oder ältesten, die obersten hingegen die letzten
und jüngsten sind; das ferner bey einer schiefabfallenden Lage dieser Schichten, eben
die ältesten am höchsten Theile vorragen, und die jüngsten, oder letzten gegen
die Ebne ablaufen, und daß eben die ersten oder ältesten Schichten, wenn man
sie gegen das Alter der Erde hält, die Jugend unseres alten Meeres oder der Erde,
umgekehrt aber die letzten Schichten das hohe Alter unsers alten Meeres anzeigen;
daß endlich diese jüngsten Schichten, weil sie am meisten blos stehen, am
leichtesten zu untersuchen sind; so wird man diese Untersuchung allezeit am leichtesten
von der Ebne solcher Gegend, oder von dem hohen Alter unserer Erde anfangen, und von da
gegen die Höhe, als ihre Jugend, zurück gehen können. Daher ich auch aus dem
mittleren Thüringen, [24] gegen dessen hohes Gebirge, wo der alte Meergrund zu seiner
allerältesten Zeit, als in seiner ersten Jugend, selbige Anhöhen zu diesem Meerschose
schon gehabt haben muß, hinaufsteigen werde. Diese Anmerkung mögen meine Leser wohl
behalten.
/§ 39 [25]
/Hierbey muß ich noch vorher erinnern, daß das bergmännische
physikalische Gebirge, von dem geographischen oder geometrischen, welches nur einen
Zusammenhang oder Fortsetzung mehrerer Berge bedeutet, hier zu unterscheiden sey. Denn
Berge, so weit sie, nach dem Hauptbestande und dem Gehalt ihrer Schichten, nach ihrem
Lager und Anbau sich gleichen, z. B. so weit sie aus Sand, oder Kalch mit Muscheln
bestehn, heissen nach diesem Haupttheil schon Gebirge, und nach dem Bestande selbst
Gebirges Art.
/§ 41 [26]
/Deswegen kan man ohne Furcht zu irren, sagen, daß in Thüringen, Sachsen,
Lausitz, u. s. w. nur ein einziges Sandgebirge sey, obgleich die Sandberge zwischen dem
Umfange und der Mitte umher zerstreut liegen. Es bleibt ihnen daher der Name des Gebirges,
wenn gleich [27] die Schichten zusammen unter der Erdfläche liegen, eben so wohl
eigen, als wenn sie hervor stünden, denn ihr Bestand und Lager zwischen dem
vorausgehenden und nachfolgenden, nicht aber ihre Lage oder Stand auf der Anhöhe,
giebt den Schichten diesen Namen, welches man ebenfalls merken muß
/§ 42. Das Muschelkalkgebirge.
/Nun komme ich zur Sache selbst: Das jüngste Gebirge von Thüringen, besteht
aus Muschelkalk, welcher nach verschiedenen Abständen, oder besondern Ketten von
solchen Bergen, meistens von Abend gegen Morgen läuft. [...]
/§ 43. Dessen Unterlager.
/Da das Unterlager dieses Gebirges, sowohl vermöge der starken rothen und andern
mit Gips abwechselnden Mergelschichten, als nach dem Gehalt von Landthieren, Steinkohlen,
und fetten Alaunschiefern beweist, daß hier und vor dem [29] ruhigen Zeitlauf
K, vielmehr Erdbeben, als welche das Meerwasser gelb oder rothschlammicht machen,
und Ueberschwemmungen von einem alten festen Lande, welche Elephanten und andere fremde
Thiere hergeführet, dieses alte Meer beunruhiget haben, doch so, daß die
Seethiere hier noch ihre Ordnung beybehalten konten; so ist zwar dieser Zeitlauf nicht so
hoch, als obiger zu schätzen, doch kan er auch wegen seinem hohen Vorsprunge, der
sich hier und da zu besondern Bergen aufgebauet findet, als der rothe Berg vor Erfurt,
nebst andern im mittlern Thüringen, gar nicht mit wenig Jahren verglichen werden, ud
ich will ihn k nennen.
/§ 44. Das Sandgebirge.
/Vor diesem beunruhigten Zustande des thüringischen alten Meerschoses, war es
hingegen auf die besondere Art beschaffen, daß das sehr hohe Sandgebirge
schichtweise erbauet, und unzählige Seethiere überall entweder nur umsteint,
oder [30] durchgehends wie hier zu Lande versteinert werden konten. [...], mag der
Zeitlauf dieses Sandgebirges I heissen.
/§ 45. Das Unterlager.
/Doch ist diese sandige Beschaffenheit des alten Meeres auch durch einen von Erdbeben
und des [31] festen Landes Ueberschwemmung gestörten Zustand des Gewässers, der
nicht allzugeschwind erfolget seyn kan, veranstaltet worden; diesen kleinen Zeitlauf will
ich i nennen. [... [42] ...]
/§ 56. Das Grundlager.
/Endlich kommt nun das sogenannte Grundgebirge, welches doch selbst auch nach seinem
sichtbaren Theil von einem alten Meer auf seinem Grunde erbauet worden, wie das salzartig
gekörnte und schuppigte Gestein zwischen einer milderen Art erweist; nur sind die
Schichten nicht so abgesetzt, oder vor sich besonders, wie nach der Zeit in den andern
Gebirgen verhärtet. Hieraus läßt sich also nur ein anderer Zustand dieses
ältesten Meeres, nach seiner ersten Zeit, oder Jugend erweisen, von dem aber weder
Anfang noch Dauer angegeben werden kann. Wir wollen ihn X nennen. [43]
/§ 57.
/Hier ist nun der Ort, wo man nach thüringischer Gegend [sich] wieder umwenden muß,
weil man in der Erdforschung von dieser Art, nicht weiter kann. [... [44] ...]
/§ 58.
/Wenn wir uns nun hier auf dem Grundgebirge X herumdrehen, und wieder
rückwärts da hinunter sehen, wo wir herkamen; so können wir vermittelst
dem hohen und breiten Blick der Vorstellung, auf einmahl den ganzen Anbau unseres
ehemaligen Meeres übersehen, undz ugleich deutlich erkennen, daß dieses alte
Meer, nachdem es die Erde in seinem Grunde mit so vielen Gebirgen beschweret hatte,
endlich so weit, als das kalchgebirge K, das letzte geblieben, und keins weiter
dar¨ber gebauet ist, auf einmahl seinen Grund verlassen, und sich ein neues Land, oder
den Boden von Europa, verwandelt haben müßte; wohingegen über K
ein neuer Anbau steht, das muß später urbar geworden seyn. [... [47] ...]
/§ 61. Anwendung des Maastabes von Thüringen.
Nunmehr hätten wir den Maasstab, den uns der alte Meerschos von Thüringen,
für Europa, wenigstens einseitig angiebt, er wäre auch deutlich genug
abgetheilet und benennt. Hoffentlich sollen diese unverfälschte Urkunden der Natur,
die kein Schriftsteller, Abschreiber oder Drucker verstümmeln, jeder Kenner aber
innerhalb 8 Tagen einseitig durchlauffen kann, nicht allein die wahre Geschichte der Erde,
durch einen sehr langen Zeitraum völlig aufklären, und ihr Alter noch weiter
hinaus zu bestimmen dienen; sondern auch die Geschichte des Menschen und ihr Alter genauer
bestimmen zu können, ebenfals einen weit hinaus reichenden Schluß an die Hand
geben.
[Die §§: 68-154 (S. 52-117) handeln von der Geschichte des Menschen und der
Sprache.
Bis zum Schluß (S. 273) folgen sehr ins Grundsätzliche gehende
Erwägungen und Überlegungen zur Explikation der so überaus lang
anzusetztenden Veränderungen von Erde, Mensch und Natur: Pflanzen, Tiere und Menschen]
Datum: November / Dezember 2015